Ehevertrag Nr. 240: Oranien-Nassau - Sachsen (Kursachsen)
- Datum der Vertragsschließung: 24. August 1561
- Ort der Vertragsschließung: Torgau
Bräutigam
- Name: Wilhelm I., Prinz von Oranien-Nassau
- GND: 118738062
- Geburtsjahr: 1533
- Sterbejahr: 1584
- Dynastie: Oranien-Nassau
- Konfession: Römisch-Katholisch
Braut
- Name: Anna von Sachsen
- GND: 118738054
- Geburtsjahr: 1544
- Sterbejahr: 1577
- Dynastie: Wettiner (Albertiner)
- Konfession: Evangelisch-Lutherisch
Akteure des Bräutigams
- Name: Wilhelm I. von Oranien-Nassau
- GND: 118738062
- Dynastie: Oranien-Nassau
- Verhältnis: Selbst
Akteure der Braut
- Name: August, Kurfürst von Sachsen
- GND: 119458446
- Dynastie: Wettin (Albertiner)
- Verhältnis: Onkel
Vertragsinhalt
Artikel 1: Ehe beschlossen, zum Gedächtnis des verstorbenen Brautvaters, Datum der Hochzeit auf 24.08.1561 festgelegt; Mitgift auf 25.000 Gulden aus dem Erbe von Annas Mutter, Agnes von Hessen, festgesetzt, zuzüglich 10.000 Taler, die ihr durch ihren Vater, Moritz von Sachsen vererbt wurden; Zusicherung der Aussteuer durch Annas Onkel, den Kurfürsten August von Sachsen, entsprechend der hessisch-sächsischen Erbverbrüderung; zusätzliche Zahlung von 30.000 Gulden aufgrund der zweiten Ehe von Annas Mutter mit Johann Friedrich II. von Sachsen nach dessen Tod zugesichert; Zulage von weiteren 35.000 Gulden durch August auf eigene Kosten zugesichert, sodass Gesamtsumme von 70.000 Gulden zusammenkommt; Zahlung und Quittierung geregelt, Ausstattung der Braut entsprechend einer Fürstin des Hauses Sachsen geregelt
Artikel 2: Morgengabe von einmalig 10.000 Talern oder 500 Taler als jährlicher Rente zugesichert
Artikel 3: Widerlage auf 70.000 Gulden festgesetzt; Grafschaft Vianden, Herrschaften St. Veit und Warneton in Flandern und Grave samt zugehörigen Dörfern, Ländereien etc. als Leibgedinge- und Wittumsgüter ausgewiesen, Nutzungsrechte geregelt, Einkünfte von 12.500 Gulden jährlich zugesichert; Huldigung und Treuepflichten der Amtsleute Untertanen nach Wilhelms Tod gegenüber Anna bzw. nach ihrem Tod gegenüber ihren sächsischen Verwandten bis zum Widerfall geregelt
Artikel 4: Regelung von Annas Hoheitsrechten und Jurisdiktion auf den Leibgedingegütern; Öffnung der Güter, Untertanengehorsam und Verteidigung bleibt Wilhelm und seinen Erben vorbehalten
Artikel 5: Besichtigung der Güter durch Annas Vormund, Kurfürst August von Sachsen, vereinbar, um sicherzustellen, dass die zugesicherten 12.500 Gulden jährlicher Einkünfte erzielt werden können
Artikel 6: wenn die Güter die jährliche Versorgung der Braut nicht gewährleisten, verpflichten sich der Bräutigam und seine Erben die Summe aufzustocken
Artikel 7: falls Schäden und Verwüstungen an den Gütern entstehen, die Annas jährliches Einkommen übersteigen, verpflichten sich der Bräutigam und seine Erben die Schäden zur Hälfte auszugleichen, die andere Hälfte der Kosten trägt Anna selbst
Artikel 8: Schutz und Sicherheit der Annas auf dem Wittum durch Wilhelms Erben versprochen
Artikel 9: als Gegenleistung für Mitgift, Aussteuer etc.: Erbverzicht der Braut auf väterliches, mütterliches und großmütterliches Erbe sowie jegliches Erbe des Hauses Sachsen, außer bei Aussterben des Hauses Sachsen in männlicher Linie, formeller Verzichtsbrief vereinbart
Artikel 10: falls Anna nach dem Beilager und vor Wilhelm verstirbt und keine Leibeserben aus der Ehe vorhanden sind, erhält er lebenslanges Verfügungsrecht über die 70.000 Gulden Ehegeld, nach seinem Bräutigams fällt die Summe an Kurfürst August und dessen Erben, bis zur Auszahlung der Summe erhält das Haus Sachsen die Obrigkeit und Nutzungsrechte über die erwähnten Herrschaften, Treueverpflichtung der Amtsleute und Untertanen für die Dauer dieses Zeitraums geregelt, Rückzahlung in Frankfurt am Main vereinbart
Artikel 11: falls Anna vor Wilhelm verstirbt und keine Leibeserben vorhanden sind, erhält er lebenslanges Verfügungsrecht über die 30.000 Gulden, die Anna nach dem Tod Johann Friedrichs II. zufallen; nach Wilhelms Tod: Rückfall der Summe an Annas nächste Erben geregelt, formelle Verschreibung für die kurfürstlich-sächsischen Seite versprochen; Verbleib der Morgengabe bei Oranien und seinen Erben, sofern Anna keine testamentarische Regelung darüber hinterlässt
Artikel 12: Vererbung der Aussteuer geregelt: nach Annas Tod erhält Wilhelm lebenslanges Verfügungsrecht gegen Ausfertigung einer Inventarliste, sofern Anna keine anderweitige testamentarische Regelung hinterlässt, nach seinem Tod fällt die Aussteuer zurück an Kurfürst August und dessen Erben zurück
Artikel 13: wenn Leibeserben aus der Ehe vorhanden sind, die noch zu Lebzeiten des Ehepaars versterben, ohne selbst Leibeserben zu hinterlassen, tritt vorangegangene Regelung in Kraft
Artikel 14: falls aber Leibeserben aus der Ehe oder deren Leibeserben beim Tod Annas oder beider Eheleute vorhanden sind, fallen Mitgift, Morgengabe und Aussteuer an diese Erben
Artikel 15: falls Söhne aus der Ehe vorhanden sind, erhalten diese den Markgrafentitel und erben die Grafschaft Vianden samt zugehörigen Ländereien als Markgrafschaft, die jährlich 60.000 bis 70.000 Gulden an Einkünften einbringen soll; Erbe der Kinder aus Wilhelms erster Ehe mit Anna von Egmond geregelt; schriftliche Regelung über gerechte Verteilung des Erbes unter Kindern aus Wilhelms erster und zweiter Ehe vereinbart
Artikel 16: falls Wilhelm vor Anna verstirbt, darf sie ihrem Wittumssitz auf den verschriebenen Wittumsgütern frei wählen und die Güter wie vereinbart regieren und nutzen; die Güter sind ihr mit standesgemäßer Ausstattung und von Schulden frei zu übergeben; Versorgung der Witwe mit Bau- und Brennholz etc. geregelt; uneingeschränkte Nutzungsrechte bestehen, solange Anna im Witwenstand verbleibt
Artikel 17: formelle Einwilligung der Lehnsleute auf den Wittumsgütern soll eingeholt werden, Ausfertigung des Leibgedings- und Wittumsbriefs erwähnt, Schulden auf den Gütern sollen getilgt werden
Artikel 18: standesgemäße Versorgung mit Nahrungsmitteln und Hausrat auf dem fürstlichen Wohnsitz der Braut und dem Witwensitz zugesichert, bis sie sich aus den Einkünften der Güter selbst versorgen kann
Artikel 19: falls Anna als Witwe nicht auf den niederländischen Gütern bleibt, verpflichten sich die Erben des Bräutigams, ihr weiterhin die jährliche Versorgung von 12.500 Gulden jeweils zur Herbstmesse nach Frankfurt am Main zu liefern, Brüder des Bräutigams Johann Ludwig und Adolf von Nassau bürgen für die Versorgung der Braut, Ausstellung einer Versicherung zugesichert
Artikel 20: falls Anna als Witwe nicht in den Niederlanden bleibt, sollen ihr die Schlösser und Herrschaften Dietz oder Hadamar, je nach Wunsch, samt jeweils zugehörigen Gütern als Wittum zur Verfügung stehen, Nutzungsrechte geregelt; Verrechnung der Einkünfte aus Dietz oder Hadamar mit den Einkünften durch das Wittum in den Niederlanden geregelt; Brüder des Bräutigams sollen für diesen Fall eine Versicherung ausfertigen
Artikel 21: nach Wilhelms Tod: Annas Nutzungs- und Besitzrecht an Leibgedinge, Morgengabe, Aussteuer und den 30.000 Gulden Mitgift etc. geregelt
Artikel 22: falls Anna als Witwe erneut heiratet: Ablösung des Wittums durch Wilhelms Erben durch Zahlung von 150.000 Talern sowie Versicherung über den Widerfall der 70.000 Gulden Widerlage nach Annas Tod ohne Leibeserben aus der Ehe mit Wilhelm geregelt; Abtretung der Wittumsgüter nach Zahlung der Ablösesumme und Ausfertigung entsprechender Dokumente geregelt
Artikel 23: Anna von Haftung für vor und während der Ehe entstandenen Schulden Wilhelms ausgenommen; sie soll über die im Vertrag festgehaltenen Versorgungsleistungen hinaus keine Forderungen an Wilhelms Erben und Nachfolger stellen; Besiegelung und Unterzeichnung erwähnt
Regelungen über Thronfolge
Artikel 15: falls Söhne aus der Ehe vorhanden sind, erhalten diese den Markgrafentitel und erben die Grafschaft Vianden samt zugehörigen Ländereien als Markgrafschaft, die jährlich 60.000 bis 70.000 Gulden an Einkünften einbringen soll; Erbe der Kinder aus Wilhelms erster Ehe mit Anna von Egmond geregelt; schriftliche Regelung über gerechte Verteilung des Erbes unter Kindern aus Wilhelms erster und zweiter Ehe vereinbart
Erbrechtliche Regelungen
Artikel 9: als Gegenleistung für Mitgift, Aussteuer etc.: Erbverzicht der Braut auf väterliches, mütterliches und großmütterliches Erbe sowie jegliches Erbe des Hauses Sachsen, außer bei Aussterben des Hauses Sachsen in männlicher Linie, formeller Verzichtsbrief vereinbart
Artikel 11: falls Anna vor Wilhelm verstirbt und keine Leibeserben vorhanden sind, erhält er lebenslanges Verfügungsrecht über die 30.000 Gulden, die Anna nach dem Tod Johann Friedrichs II. zufallen; nach Wilhelms Tod: Rückfall der Summe an Annas nächste Erben geregelt, formelle Verschreibung für die kurfürstlich-sächsischen Seite versprochen; Verbleib der Morgengabe bei Oranien und seinen Erben, sofern Anna keine testamentarische Regelung darüber hinterlässt
Artikel 12: Vererbung der Aussteuer geregelt: nach Annas Tod erhält Wilhelm lebenslanges Verfügungsrecht gegen Ausfertigung einer Inventarliste, sofern Anna keine anderweitige testamentarische Regelung hinterlässt, nach seinem Tod fällt die Aussteuer zurück an Kurfürst August und dessen Erben zurück
Artikel 13: wenn Leibeserben aus der Ehe vorhanden sind, die noch zu Lebzeiten des Ehepaars versterben, ohne selbst Leibeserben zu hinterlassen, tritt vorangegangene Regelung in Kraft
Artikel 14: falls aber Leibeserben aus der Ehe oder deren Leibeserben beim Tod Annas oder beider Eheleute vorhanden sind, fallen Mitgift, Morgengabe und Aussteuer an diese Erben
Artikel 15: falls Söhne aus der Ehe vorhanden sind, erhalten diese den Markgrafentitel und erben die Grafschaft Vianden samt zugehörigen Ländereien als Markgrafschaft, die jährlich 60.000 bis 70.000 Gulden an Einkünften einbringen soll; Erbe der Kinder aus Wilhelms erster Ehe mit Anna von Egmond geregelt; schriftliche Regelung über gerechte Verteilung des Erbes unter Kindern aus Wilhelms erster und zweiter Ehe vereinbart
Ständische Instanzen beteiligt
Artikel 17: formelle Einwilligung der Lehnsleute auf den Wittumsgütern soll eingeholt werden […]
Externe Instanzen beteiligt
Artikel 19: falls Anna als Witwe nicht auf den niederländischen Gütern bleibt […] Brüder des Bräutigams Johann Ludwig und Adolf von Nassau bürgen für die Versorgung der Braut
Ratifikationen, Bestätigungen, Genehmigungen
Artikel 17: formelle Einwilligung der Lehnsleute auf den Wittumsgütern soll eingeholt werden […]
Textbezug zu vergangenen Ereignissen
Artikel 1: hessisch-sächsischen Erbverbrüderung erwähnt; Artikel 15: Wilhelms erste Ehe mit Anna von Egmond erwähnt
Weitere Verträge zwischen Vertragsparteien
nicht nachgewiesen
Kommentar
Wilhelm von Oranien bei Eheschließung formal Katholik, tendierte wohl damals zum lutherischen Glauben und vollzog später eine Wende zum Reformiertentum. Die Ehe wurde 1571 geschieden.
Vertrag verfügt im Original über keine Nummerierung der Artikel.
Literatur
Mörke 2007
Nachweise
- Archivexemplar: HStA Drd, 10001 O.U. 11659
- Vertragssprache Archivexemplar: Deutsch
- Digitalisat Archivexemplar:
- Drucknachweis: nicht nachgewiesen
- Vertragssprache Druck: nicht nachgewiesen
- Digitalisat Druck:
Schlagwörter
Niederländischer Aufstand/Achtzigjähriger Krieg, 1568-1648
Empfohlene Zitation
Herzog, Richard (2024): Dynastische Eheverträge der frühen Neuzeit. Vertrag Nr. 240. Philipps-Universität Marburg. Online verfügbar unter https://dynastische-ehevertraege.online.uni-marburg.de/vertraege/240.html.
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